Montag, 24. August 2015

Smartphone an Schnitzel: Benutz mich!
Oder: Bin ich jetzt hip?

Liebe Schnitzelfreunde,
seit geschlagenen zwei Wochen hab ich so'n neumodisches Ding. Ein Smartphone. Von Mama. Die ist nämlich irgendwie cooler und fortschrittlicher als ich. Und weil sie mich lieb hat und möchte, dass ich der Zeit nicht soooo arg hinterherhinke und deshalb von den anderen Kindern ausgelacht werde, darf ich ihre alten Sachen auftragen. 

Total nett, meine Mama. Wirklich. 

Hallo, Mutti! (Glaubt jetzt nicht, dass ich wirklich Mutti zu ihr sage. Obwohl man damit ja mal anfangen könnte. Leute ohne Ahnung von Smartphones sagen auch mal Mutti.)

Das Smartphone ist von Aldi. Also richtig hip. So ein kluges tragbares Telefon mit übergroßem Bildschirm und schlechter Kamera, wie es die riesengroße Mehrheit von euch bestimmt seit Jahrhunderten besitzt. Nur eben mit guter Kamera. Und wahrscheinlich nicht von Aldi.


Mama hatte sich die Discounter-Version angeschafft, weil sie nicht ganz sicher war, ob das was werden würde. Mit ihr und dem Smartphone. Tja. Was soll ich sagen. Mittlerweile schickt sie Bildnachrichten durch die Weltgeschichte - zuletzt an meinen Bruder nach Australien - und hat mit ihren Kolleginnen eine Whatsapp-Gruppe gegründet, die rege genutzt wird. Zeit für ein Upgrade. Das alte Teil kann an die Oldschool-Tochter abgetreten werden.

Und ganz ehrlich - kann man sich gegen Geschenke von Mamas wehren? Nein, kann man nicht. Die nimmt man an.

Ich gehöre jetzt also zur Instagram(mit einem oder zwei m?)-fähigen Gesellschaftsschicht. Also, zumindest theoretisch. Denn eigentlich liegt mein Smartphone seit Tag 1, an dem ich es noch brav aufgeladen habe, nur in der oberen linken Ecke meines Schreibtisches und regt sich nicht. Es wartet geduldig auf seinen Einsatz. Joah. Also, wenn ich eins hab, dann Geduld und gutes Sitzfleisch. Und Skepsis. Gegenüber neumodischem Zeuchs.

Ja. Staub. Ne ganze Menge davon. Da muss mal jemand wischen.

Ob der Akku wohl noch voll ist? - Ah. Nein, ist er nicht.

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Gut. Ich habe den Post eine Weile ruhen lassen. Das Smartphone auch. Das ruht ja eh, seit ich es habe. Still und starr, wie der See aus dem Lied. Hin und wieder habe ich aber mal nachgesehen, ob es ihm auch gut geht. Verbunden mit ehrlichem Interesse. Ich habe es gedreht und gewendet und weiß jetzt, dass man links die Lautstärke regeln kann. Das ist schön. Und gestern gab es außerdem einen echten Annäherungsversuch. So richtig mit Einschalten und Anfassen.


Noch ist mir nicht ganz klar, warum alle so auf Smartphones stehen. Dieses ganze Geschiebe und Gewische. Ich glaube, ich drücke lieber Tasten und Knöpfe. Die dürfen dann auch klicken oder tuten. Aber gut, aller Anfang ist schwer, nech?

Franzose lag neben mir auf unserem Couch-Ersatzding und beäugte meine zarten Anbandelungsversuche sichtlich amüsiert. Nach wenigen Minuten gab es den ersten Kommentar in Richtung "Das wird eine lange, schwierige Phase." Keine Ahnung, was er damit meint. Ich habe jedenfalls aus Versehen einen Instagram-Account erstellt, obwohl ich eigentlich nur diese typisch quadratischen Fotos machen wollte, die man ja eifrig mit Filtern totwirft, damit alles schön aussieht. Nachts um 23 Uhr habe ich probehalber ein Foto vom aktuellen Blumenstrauß auf dem Wohnzimmertisch gemacht, um zu prüfen, wie das in quadratisch aussieht. Mit Blitz. Alles total überbeleuchtet. Wo finde ich jetzt den Filter, der das wieder hinbiegt?

Manchmal komme ich mir vor wie ein Alien. Fühlt sich aber okay an.

Neues Mantra: Man darf sich dem Fortschritt nicht verstellen.

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Tjaaaaa. Wieder sind ein paar Wochen rum. Ab und zu staube ich mein Smartphone ein wenig ab. Hinterher sieht es noch so aus, als würde ich mich nicht darum kümmern. Dabei schaue ich manchmal sogar ins Aldi-Prospekt und beäuge die Smartphone-Tarife mit den super-günstigen Paketen samt High Speed Internet und toller Flatrate. Dann blättere ich meist schnell weiter zu den Seiten mit den italienischen Wochen und kreuze Cantuccini sowie faszinierende Conchiglie-Muschelnudelmischungen an, weil Nudeln mit Kurkuma, Spinat, Roter Bete und schwarzer Karotte einfacher zu handhaben sind als Smartphones und Filter für quadratische Bilder. Zumindest bisher.

    
Ich kann mich jetzt nicht mit neumodischem Schnickschnack befassen - mein Leben ist gerade komplex genug.

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Habe gerade heimlich das Ding eingeschaltet und einfach so aus Spaß ein bisschen drauf herumgewischt. Hab den richtigen Schwung gefunden. Ob ich wohl mal den Gang zu Aldi wage und einfach loslege? Die Zeit ist reif. 

Okay, überreif.

Jaaaaaa, mensch...

In knapp fünf Monaten geht es nach Chile. Die Flüge sind gebucht. Bis dahin bekommt man das wohl hin, diese ganze Angelegenheit mit dem Gewische, dem Quadratisieren und Filterfummeln.

Und ganz ehrlich: Da stecken irre Möglichkeiten hinter. (Oder? Hört man halt so.) Ein ganzes Universum passt in so ein kleines flaches Smartphone. Mein Gott. Ich kling wie meine eigene Omma. Am besten führen wir das mit der Postkutsche wieder ein und alles wird gut. Ich halte euch auf dem Laufenden. Meine ersten quadratischen Superfilterfotos werden natürlich exklusiv hier auf diesem Blog veröffentlicht. Ihr habt doch noch ein paar Monate Geduld, ne?


Was gelernt?
Nicht immer logisch, was man so tut. Oder nicht tut. 
Aber diesen Instagram(m?)-Account, also, 
den lass ich mal sein. Vorerst.
Und: Hip geht anders.

Sonntag, 16. August 2015

Sommer in Frankreich

Liebe Schnitzelfreunde,
manchmal kommt es mir so vor, als würde ich dieses Jahr den Sommer verpassen. Ein ganz klein wenig. Das finde ich echt nicht gut. Ich schimpfe dann eine Runde. Auf alles und jeden, der eventuell Schuld dran sein könnte. Dann werfe ich eilig den Bikini und das türkische Badetuch in meinen Rucksack und düse nach der Arbeit schnurstracks zum Freibad. Und freue mich, wenn die Kollegin am folgenden Tag verwundert fragt, warum ich denn so braun sei. Obwohl ich ja die Einzige im Büro bin, die von April bis Dezember keinen einzigen Tag Urlaub haben wird. (Halb so wild. Durchhalteparolen. Alles für den Dackel Chile.)

Wenn es fürs Freibad zu spät ist - so wie Freitagabend, nach einem tollen Essen, israelisch, Shakshuka und ein Glas Weißwein - weil die Nacht sich bereits stockduster über die Dächer legt, dann sichte ich Urlaubsfotos vom vergangenen Jahr. Und freue mich. 




Das war so ein Sommerurlaub wie er sein soll. Entspannt, ganz federleicht und unbeschwert und voller erster Male. Das erste Mal die Fußnägel lackiert. Knallrot. Seitdem nicht mehr damit aufgehört. Das erste Mal Austern gegessen. Und auch das letzte Mal. Igitt. Das erste Mal (seit, sagen wir, der Grundschulzeit) wieder mit einem Köpper vom Startblock ins Wasser gesprungen und mit dem Kopf voran die Wasserrutsche hinuntergestürzt. War das früher auch schon so aufregend? 








 Bei Franzoses Freunden. Nur Essen und Liebe machen im Kopp. Schön.


Das erste Mal Paragliding ausprobiert. Auch ein bisschen, weil Franzose nicht Fallschirmspringen wollte. Einen Pfirsichkuchen gebacken, an einer Steilwand geklettert, Pflaumen geerntet und zu Marmelade eingekocht, mich mit einem dunkelbraunen Widder angefreundet, der einfach so bei jemandem im Garten rumstand und uns gut fand, Franzose vor den Augen seiner nicht sonderlich begeisterten Mutter den Kopf rasiert - das schöne Haar! - ach, ach, auf ein Dach gekrabbelt, um ein Fenster zu putzen, Bogenschießen im Garten geübt, einen Rasenmähertrecker gefahren und drei Stunden lang die Halme gekürzt, was für ein Garten... 









In einem winzigen Kaff auf dem Straßenfest die Füße beinahe wund getanzt, auf dem Rückweg eine Katze halb überfahren, mein Gott, war mir schlecht. In der Kinderdisco auf dem Campingplatz zum Affen gemacht, mir doch egal, hier kennt mich keiner und die Musik ist grad gut. Na ja, was man mit zwei Gläsern Wein im Kopp und Sommersprossen auf der Nase halt grad gut findet.







Und letztendlich extremst mit Ruhm bekleckert, als wir am Flughafen feststellten, dass wir meinen Rucksack mitsamt allen wichtigen Papieren im französischen Bauernhaus vergessen hatten. 200km entfernt. 

"Wie?! Also. Ich dachte, du hast den eingepackt."
"Joh. Ich dachte, DU hast..."

Top.

Franzose flog fluchend nach Frankfurt, ich fuhr mit der Franzosenmutter wieder zwei Stunden zurück ins Bauernhaus, vorbei an unendlich großen Sonnenblumenfeldern, begleitet von Gekicher und Gesprächen im wahrscheinlich schlechtesten Französisch, das die Welt je gehört hat. Verstanden haben wir uns trotzdem. Denn wenn man muss, dann kann man ja so gut wie alles. Und zusammen singen geht auch immer. Sogar auf Französisch.




Was für ein Sommer. Ich hau mich heute Abend lächelnd aufs Ohr.


Was gelernt?
 Urlaubserinnerungen for president.
Und: Es passt ganz schön viel Leben in zwei kleine Wochen.