Sonntag, 20. Dezember 2015

Tu ma lieber die Möhrchen

Liebe Schnitzelfreunde,
hier ist er, der unweihnachtlichste Vorweihnachtspost vonne Welt. Ich weiß ganz genau, wie ich's hinbekommen habe, und ich nehme alle Schuld auf mich: Spekulatius, Zimtsterne, Lebkuchen, Freunde und Anverwandte müssen draußen bleiben. Weil ich's übertrieben habe. 

Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich letztes Jahr kurz vor Silvester plötzlich merkte: hömma, du hast gar keine Plätzchen gebacken in 2014. Nicht eine einzige Sorte! Und obwohl mir sowas normalerweise am Popo vorbeigeht und ich mich mit einer Packung Sterne, Herzen, Brezeln fröhlich über Wasser halte, hatte sich da was im Köpfchen festgesetzt. Dieses Jahr ging es rund. Kompensation. Vanillekipferl, Zimtsterne, Zitronendinger, salzige Orient-Cookies und Haferflockenmürbchen. Die Küche war nur noch für diese eine Aktivität vorgesehen. Backen, backen und nochmal backen. Und es war mir auch egal, dass ich das alles gar nicht essen konnte. Öh, doch, schon. Eher wollte. Wozu hat man Freunde, Familie und Kollegen?

Dass es letztes Wochenende dann auch noch selbstgemachte gebrannte Mandeln und schicken Gewürzkakao gab, das erzähl ich lieber gar nicht. Muss ich auch nicht. Das ist fast alles unterwegs nach Frankreich, Düsseldorf, Berlin und hastenichgesehn. Man will schließlich nicht alleine dick werden, ne? Share the love. Und die Kalorien gleich mit dazu.

Und jetzt habe ich echt keine Lust mehr auf Zucker oder mächtige Gerichte. Also gibt's Möhrchen. Viele, viele bunte Möhrchen. Die leg ich mir auch untern Tannenbaum. Mehr braucht's dieses Jahr nicht. Bin schon fertig mit Weihnachten. Danke.


Was gelernt?
Timing ist nicht so mein Ding.
Möhrchen schon. 

Montag, 30. November 2015

Do it doch einfach yourself
Adventskalender aus Fruchtzwergen

Liebe Schnitzelfreunde,
mir ist ja immer noch n bisskn schlecht, ne? Vor gut einer Woche fiel mir plötzlich auf, dass wir echt schon wieder kurz vor Heiligabend stehen und jetzt dieses ganze Gerenne losgeht und überhaupt und haben wir denn genug Zeit, um Geschenke zu suchen und finden, ach nee und ich möchte doch unbedingt noch einen Adventskalender basteln mit zwei Dutzend tollen Minigeschenken und klappt das denn überhaupt alles noch ...STOOOP!


Den Quatsch sparen wir uns dieses Jahr ausnahmsweise mal. Dieses Jahr, das ich im Januar als "Year of WHOOSH!" eingeläutet hatte. Da war ich noch felsenfest davon überzeugt, dass 2015 total supergut würde und es die Auswahl an oberaffengeilen Ereignissen einfach machen würde, den Blick auf die guten Dinge zu richten. Joah, lief dann doch alles ein bisschen anders, ne? Jetzt habe ich verstanden, dass "WHOOSH!" das Geräusch ist, das die Klospülung macht. Und mich einfach damit abgefunden. Das Leben tut manchmal, was es will. Widerstand zwecklos. Das Jahr sollte ein anstrengendes werden, und ich will jetzt dafür sorgen, dass es wenigstens friedlich und entspannt endet.

 
Aber für mich als kleinen Dickkopf, der ich nunmal bin, bedeutet das auch weiterhin: Kalender basteln. Nur in einfach und ratzfatz. Das sieht dann im Schnitzelhaushalt so aus:

"Franzose, wir müssen einkaufen gehen. Ich brauche 24 Fruchtzwerge!"
"...?"
"Das wird super, wirst schon sehen."
"Oje."
"Kannst du 12 Fruchtzwerge in zwei Tagen essen?"
"Oh. Äh, oje."
"Also, eigentlich 14, denn zwei davon sind Riesenfruchtzwerge."

War dann ein bisschen schwierig. Das gebe ich gerne zu. Letztendlich hat der Kalender daher auch nur 19 Türchen. Weil uns eben, wie oben schon angedeutet, irgendwann die Frischkäsezubereitung zu den Ohren wieder rauskam. Was man dann tut, ist Folgendes: Man redet sich was ein. 19 ist das neue 24 und dergleichen. Aber schick ist er geworden. Überraschend schick. 


Leere Fruchtzwergebecher, Zahlen aus dem Etikettiergerät und ein Flammkuchenbrettchen. Mehr braucht man nicht, das verdient noch nicht einmal die Bezeichnung 'do it yourself' und ist in 5min gemacht. Als einzigen wirklichen Tipp möchte ich euch allerdings noch mitgeben: füllt die Fruchtzwergebecher mit Bonbons, die keine Flügelchen haben. Oder mit anderen Leckereien, die sehr kompakt sind. Sonst sieht der Kalender aus wie Kraut und Rüben. 


Wie bei mir eben. Die Becherchen heben ihre Popos in alle Richtungen und jedes Türchen wirkt plötzlich wie eine Schildkröte oder ein Einsiedlerkrebs, der unter seinem Haus hervorlugt, kurz die Lage checkt und gleich wegkrabbelt. Macht aber nix. Habt eine schöne Vorweihnachtszeit, alle miteinander!

Was gelernt?
Ich mag Fruchtzwerge.

Sonntag, 22. November 2015

Gute Wochenenden, zwei Witze und ein Lied

Liebe Schnitzelfreunde,
manche Wochenenden laufen einfach gut. Wie viel das wert ist, weiß ich mittlerweile. Wenn das Leben seit Monaten sehr anstrengend ist und sich gefühlt keinen Zentimeter voranbewegt, legt sich ein gutes Wochenende wie ein puscheliger, dicker Wollschal um einen drumherum und wärmt. Das sieht dann so oder so ähnlich aus:

  •  endlich mal wieder auf eine Privatparty gehen, mit vielen netten Menschen und richtig viel Kuchen
  •  früh morgens laufen gehen, voller Energie, auf dem Rückweg Brötchen und die Zeitung kaufen
  •  E-Mails checken und sehen, dass man abends die Altbauwohnung besichtigen darf, die im Internet so toll aussah
  •  Handschuhe holen müssen, weil November ist, dann aber einfach auf zwei T-Shirts und einen Jeansrock umschwenken, weil ja auch bald wieder Sommer ist - wer braucht schon Handschuhe
  •  im Supermarkt mal nicht vernünftig sein, sondern ganz viele Fruchtzwerge kaufen, "für ein Projekt", tolle Ausrede
  •  bei Saturn bis Ladenschluss CDs anhören, unendlich viele CDs
  •  am Sonntagmorgen nach ungefähr sechs Fruchtzwergen merken, dass manche Projekte sehr viel Leidenschaft erfordern (genau, mir ist schlecht)
  •  kurz darauf sehen, dass auch Franzose sein Bestes gibt, obwohl er Fruchtzwerge nicht gut findet
  •  mitten in der Nacht Lust auf die neuen alten CDs bekommen und Franzose mit Westernhagen und Grönemeyer bekannt machen, so laut es geht; Heimat, bissken fehlste mir
  •  Sonnenschein den ganzen Sonntag lang
  •  zum Abschluss Egg&Bacon Toast Muffins futtern



Und die Stimmung erlaubt, dass man Folgendes total witzig findet:

1.) Sitzen zwei Leberwürste auf einem Baum. Plötzlich schubst die eine die andere runter. Welche war's? - Die Grobe!

2.) Was macht man mit einem Hund ohne Beine? - Um die Häuser ziehen.

...ich weiß. Sagt es nicht. 


Und so fühlt es sich an, das gute Wochenende:



Ein Lied, das an so einem Wochenende ziemlich genau um Mitternacht nach einer halben Avocado, dem Salat mit Lieblingsdressing, einer Scheibe Steinofenbrot mit Stinkekäse und einem halben Rotweinmuffin noch drei Mal besser klingt als eh schon. 

Was gelernt?
 Nach fünf Fruchtzwergen ist es nicht mehr lustig.
Mehr dazu bald.

Sonntag, 8. November 2015

[Rezept] Bunte Nudeln!
Oder: Isch bin dir Farfalle

Liebe Schnitzelfreunde,
mein Papa kann genau fünf Gerichte kochen. Also, so richtig kochen. Danach wird's weniger töfte. (Randbemerkung: Das Wort töfte steht nicht im Duden! Gerade bemerkt und für schlimm befunden. Liebe Dudenredaktion, was ist da los?) Immer, wenn meine Mama früher mal keine Zeit zum Kochen hatte, hat er sich ohne zu zögern das Schürzchen umgebunden, sich tapfer an den Herd gestellt und uns mit einem der fünf Gerichte ganz schön glücklich gemacht. Mir ist das letztens wieder eingefallen, weil ich nicht nur auf Foodblogs, sondern auch an meiner eigenen Art zu kochen sehe, dass schlicht und einfach nicht mehr zu reichen scheinen. Dabei ist das total anstrengend. 

Also dachte ich mir, so ein Quatsch hier, guck dir mal den Papa an, der macht's richtig. Alle Kompetenzen gebündelt und in fünf ganz pisselige Gerichte investiert. Ergebnis: optimal, weil allemann glücklich. Besser geht es doch nicht.


Ich muss dazu sagen, so ganz schlicht und einfach war's mit dem Nachkochen dann ja doch nicht. Mir hätte jemand sagen sollen, dass Papa anscheinend in anderen Supermärkten verkehrt als ich. Geheimen Supermärkten mit Sortiment 2.0 oder so. Denn diese verdammten Farfalle Tricolore habe ich ungelogen monatelang gesucht. Nicht wie besessen, aber doch immer mal wieder die Augen danach aufgehalten. Ich wollte zu Hause 'bunte Nudeln' auftischen. Bestes Kindheitsessen der Welt, neben Pfannekuchen, Spinat mit Ei, Fischstäbchen mit Dosenmais und dem fünften Gericht, dass mir grad nicht mehr einfällt. Das war nur irgendwie nicht so einfach. Das mit den Nudeln. Moah.

Der erste Versuch fand daher etwas halbherzig mit ganz schlichten Farfalle statt. In weiß und normal. Aber, ganz unter uns, das war nix. Es geht nicht. Das kann man einfach nicht bringen. Wisst ihr ja. Man kann kein Kindheitsgericht nachkochen wollen und die falschen Nudeln benutzen. Schnapsidee. Ich war enttäuscht und stocherte im Teller rum. Doof.

Irgendwann im Frühling gurkte ich durch einen neuen Tegut. Exkursionen zu Supermärkten stehen hier hoch im Kurs. Einfach hin und Essen anschauen. Das Essen dort in diesem neuen Tegut war besonders schön. Richtig hübsch. Und vorm Nudelregal traf mich dann fast der Schlag! Meine Nudeln! Bunt! Gleich ergriffen ans Herz gedrückt, ein ganzes Kilo gekauft und... freudestrahlend nach Hause getragen. Glück kann so einfach sein. Franzose fand es wieder mal etwas merkwürdig, aber irgendwie auch super. Wir gewöhnen uns langsam aneinander.

 Zur Auflockerung. Nach Essen stochernder Franzose in Kochschürze.

Seitdem stehen die Dinger also im Regal. Was auch irgendwie dumm ist. Loslegen muss man. Es passt auch grad ganz gut. Draußen is kalt, man hat wieder verstärkt Lust auf richtig sinnliches Futter, das von innen wärmt. Bunte Nudeln are here to save your life. 

Und so geht's:

Bunte Nudeln


eine halbe Packung Farfalle Tricolore 
Gemüsebrühe als Kochwasser
1-2 EL Crème Fraîche
ein paar Scheiben gekochten Schinken
das verbotene Würzmittel 'Fondor' 
eine halbe Knoblauchzehe

Die Nudeln in reichlich Gemüsebrühe bissfest kochen. Das ist wichtig. Den Punkt hatte ich beim ersten Nachkochen auch vergessen und einfach normales, gesalzenes Wasser genommen. Da geht viel verloren. Währenddessen den gekochten Schinken in kleine Quadrate schneiden. Nudeln abgießen, Crème Fraîche untermengen, Schinken ebenso, den in mikroskopisch kleine Stückchen geschnittenen Knoblauch sowieso. Einmal mutig mit Fondor würzen, umrühren, fertig.


Fast noch eine Portion besser am Tag danach, aufgewärmt. Schmeckt aber auch kalt. Also eigentlich immer.

Was gelernt?
Die Erleichterung, wenn's schmeckt wie früher.
Oh, und Nummer fünf hat sich zurückgemeldet: 
Milchreis mit Zimt und Zucker! 

Samstag, 17. Oktober 2015

Godzilla goes Design

Liebe Schnitzelfreunde,
nachdem Godzilla mir erst letzten Oktober bei einem Gruselfood-Post geholfen und mich im Anschluss daran monatelang allmorgendlich vom Regal über der Heizung im Schlafzimmer aus angebrüllt hat, haben wir uns nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen, ihn eine anspruchsvollere Aufgabe übernehmen zu lassen. Eine, die Köpfchen erfordert. Alle beteiligten Parteien wirken überaus zufrieden.


Was gelernt?
Ein Lächeln kann man überall gebrauchen.
Auch auf dem Klo.

Sonntag, 11. Oktober 2015

Rotkäppchen und der böse Schlamm
Der Bad Wolf Dirt Run 2015

Liebe Schnitzelfreunde,
es ist so schön, wenn der Schmerz nachlässt. Eine halbe Woche lang hing ich jetzt in den Seilen. Mit diesem ich-bin-älter-als-meine-Omma-Gefühl. Weil ich mal wieder etwas getan hatte, ohne vorher groß darüber nachzudenken, was hinterher dabei rumkommen könnte. Versteht mich nicht falsch - ich bereue nichts! Es ist einfach nur sehr, sehr schön, wenn der Schmerz nachlässt...

Ich habe diese Theorie, dass sehr viele Dinge genau zum richtigen Zeitpunkt geschehen, auch wenn es erst überhaupt nicht danach aussieht. Man bucht etwas, viele Wochen im Voraus. In diesen vielen Wochen vor dem Ereignis dreht das Leben unangemeldet voll auf, nervt dich, rüttelt und zerrt an dir, du schnauzt es an, damit es endlich Ruhe gibt, aber auf dich hört ja niemand. 

Dann steht plötzlich das Ereignis vor der Tür und sagt: Tach, kann ich reinkommen? Du denkst: Oh man, nee, schon so spät? Öhm, nicht aufgeräumt, keinen Kuchen gebacken, Haare zerwühlt, viel zu wenig geschlafen, geh weg. Und öffnest trotzdem die Türe. Weil Besuch eigentlich immer zum rechten Zeitpunkt kommt. Und wenn's der richtige Besuch ist, interessiert ihn auch die Unordnung nicht die Bohne. Weil's um was anderes geht. Was Wichtigeres.

  
Aber nochmal kurz zurück zum Anfang. Manchmal packt's einen ja, so ganz unverhofft. Man folgt irgendeiner Eingebung, löst sich vom Verstand und tut einfach. Ein bisschen wie Lucky Luke, der schneller zieht als sein Schatten. Nur eben in schneller handeln als denken. Es gibt zwar diesen schönen Spruch "Erst denken, dann handeln", aber ich glaube, den darf man nicht allzu oft befolgen. Wer zu viel denkt, hält sich selbst nämlich vom Handeln ab. Und das braucht echt kein Mensch.

Wenn ich einen dieser Lucky-Luke-Momente habe, läuft das in etwa so ab:

1. Irgendwas entdecken. Plakat oder Ähnliches. Mit Werbung für Dinge und Ereignisse, mit denen nicht jeder Mensch zu tun hat. Oder eventuell haben möchte.
2. Augen aufreißen, Herzklopfen bekommen, Habenwollen! Gah.
3. Völlig überstürzt Ticket kaufen, egal wie teuer. Na gut, fast.
4. Unschuldige Mitmenschen mit in die Chose reinziehen und gegen ihren Willen ins Unglück stürzen. Heimlich denken, die wollen das.
5. Innehalten. Bewusstwerden. Konsequenzen, Nachtigall und Konsorten trappsen hören. Ouh. Natürlich ist es zu diesem Zeitpunkt schon zu spät für eventuelles Zurückrudern.
6. Auf die Unterlippe beißen. Grinsen.
7. "Scheiße..." (Diese Phase ist sehr kurz.)
8. "Egal, ich zieh das jetzt durch!" (Diese Phase ist sehr schön.)

Joah. Genau so lief das letztens mit dem Bad Wolf Dirt Run ab. Auf irgendeinem dieser zahlreichen Food Truck Festivals in Frankfurt hing so ein unschuldiges kleines Plakat und lockte mit Schlamm, Schweiß und Schinkenkeule in einem Kaff in Nordhessen. Den drei Dingen, denen keine Frau widerstehen kann. Zumindest in meiner Welt.



Ich mach mir wirklich immer mal wieder wahnsinnig gerne die Finger schmutzig. Liebend gerne auch den ganzen Rest gleich mit. Das hat sich sogar schon auf der Arbeit rumgesprochen. Ihr erinnert euch. Da, wo die Leute in schnieken Anzügen herumlaufen. Aber eben auch da, wo nicht alles und jeder, der in so einem schnieken Anzug drinsteckt, vom Wesen her unbedingt genauso schnieke sein muss. Wie überall eben. Manch einer verkleidet sich halt auch nur. Erwachsensein spielen. Die leichten Berührungsängste allerdings bleiben: "Wann ist das da mit deinem... Matsch-Event nochmal?" 

Von sowas muss man sich nicht immer gleich abschrecken lassen, dachte ich mir. Zwei ganze Tage lang hatte ich daher sogar versucht, ein Büro-Team zusammenzustellen. Gut. Sagen wir, es war ein völlig aussichtsloses Unterfangen und belassen es dabei. Beknackte Idee. Und das, obwohl es nur um die Rotkäppchenrunde gehen sollte. 


Der Bad Wolf Dirt Run ist einer dieser "Tough Mudder". Man kauft ein Ticket, um mit fremden Menschen durch ein Truppenübungsgebiet zu hecheln, Unmengen an Hindernissen zu überwinden und sich von oben bis unten komplett einzusauen. Entweder 9km lang - in der Rotkäppchendistanz - oder halsbrecherische 18km lang - in der Böser-Wolf-Distanz. Das wäre die Kurzfassung. Wird dem Ganzen nur nicht gerecht. Da diese Dirt Runs aber nicht mehr wirklich neu sind, erspare ich euch an dieser Stelle mal eine ausschweifende Erklärung und gehe niemandem auf den Senkel, sondern lieber gleich ans Eingemachte. Mitten rein in den Matsch also. Erzählmodus ein.

Nach vielen Minuten in der Anmeldeschlange halten mein Bruder und ich endlich unsere Goodie Bags in Händen. Braune Packpapiertüten gefüllt mit den nötigen Teilnahmeunterlagen. Das schicke T-Shirt streifen wir über, das Armband legen wir an und die Isla-Moos-Halstabletten beäugen wir ratlos. Pulmoll gibt's auch. Die denken also jetzt schon, dass wir gleich krank werden? Pöh. Woll'n wir doch mal sehen!

An der Backsteinwand links hängt ein Banner, darauf steht "Männerspielplatz", das passt. Ich fühl mich gut. Gabelstapler manövrieren Dixie-Klos durch die Menschenmenge, überall stehen Jeeps mit Allradantrieb, und die Leute hinter uns geben sich als Marathonläufer zu erkennen. Gesprächsthema: verhärtete Waden. Kurz bevor ich denke, doch nicht ganz hierher zu gehören, entdecke ich einen Mann mit einem Huhn auf dem Kopf. Das beruhigt mich irgendwie. Ich weiß nur nicht genau, warum. 

  
Wir geben unsere Klamotten ab und erkunden das Gelände des Offroad-Parks. Hier und da ist Kies aufgeschüttet, zwei Bagger markieren mit ihren hochgereckten Schaufeln den Start- und Zielpunkt, eine junge Dame wandert als Rotkäppchen verkleidet durch den Schlamm und lässt sich mit Teilnehmern fotografieren, die Stimmung ist ausgelassen und angenehm familiär. Die meisten Leute sehen sportlich, aber entspannt dabei aus. Einige wenige sind im absoluten Wettkampfmodus und wirken, als hätten sie sich monatelang auf diesen Lauf vorbereitet. Sehnig, agil, etwas verbissen. Der Rest gehört in die sehr große Gruppe, die hinterher einfach nur froh ist, überhaupt heil ans Ziel zu kommen. Egal, wann. Hauptsache, Spaß gehabt und nicht unterwegs gestorben. Der Mann mit dem Huhn auf dem Kopf gehört dazu, was anderes kann mir keiner erzählen. Das Pärchen mit den auf die rechte Schulter genähten Schweinen auch. Man kann einzeln, aber auch als Team starten; außerdem gewinnt nicht nur der schnellste Läufer, sondern auch das ausgefallenste Kostüm - und so laufen ganze Scharen von Vampiren, Feuerwehrleuten und Wasserballetttänzern in Tütüs durch die Grube. Man muss Prioritäten haben und seine Stärken ausspielen.

Es ist erst der zweite Dirt Run hier im Knüllwald (ist das großartig oder was?). Da sich die Teilnehmerzahl im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdreifacht hat, wird zeitversetzt in Blöcken gestartet. Die Wölfe zuerst, zwei Rotkäppchengruppen danach. So soll es möglich sein, dass die schnellen Wölfe die langsamen letzten Rotkäppchen einholen. Dramatik und dergleichen. Wir wurden dem letzten Block zugeordnet, haben also Zeit. Viel Zeit. 

Es gibt ein Aufwärmprogramm. Ein bulliger Mann klettert auf einen Kiesberg und brüllt die Menge lächelnd an. Ohne mit der Wimper zu zucken gehorchen alle und hüpfen und schnaufen und üben Kampfschreie. "HUAHHH!!" Wir machen mit und dehnen unser Programm noch etwas aus - sind ja keine 20 mehr, ne? Die Halstabletten im Goodie Bag verfehlen ihre Wirkung also nicht. Blöde erhobene Zeigefinger, manman.




Kurz vorm Startschuss: mein Bruder und ich stellen uns ins erste Drittel, weil wir nicht zum Spaß hier sind. Nur so'n bisschen. Ich will nicht sagen, dass mir der Arsch auf Grundeis geht, aber als der Radiomoderator das Rote Kreuz mit den Worten "auf den ersten 200 Metern hat's jemanden zerrissen" herbeilotst, sehe ich an mir herunter und überlege angestrengt, ob Fußballschuhe wohl die richtige Wahl waren? Na ja, zu spät. 

Gemeinsam zählen wir von 10 runter, der Startschuss ertönt, es geht los. Erste Kurve: gleich mal eine Pfütze so groß wie sechs Planschbecken. Elegant tänzel ich an deren linkem Rand entlang, bis der Mann gleich hinter mir mit einem Freudenschrei mittenrein springt und mir die braune Suppe in den Rücken spritzt. Naaa gut. War eh blöd von mir, zu denken, man könne hier lange sauber bleiben, ne? Danke. Als nächstes wird der Untergrund seltsam hartnäckig und zäh. Links und rechts von mir bleiben Leute stecken oder verlieren sogar ihre Schuhe. Ich habe Glück und tippsel behende durch diese fiese Falle. Dann geht es gefühlte 500m nur noch bergauf. Im Laufschritt. Mein Bruder sieht mich an. Wollen die uns umbringen? Ich glaube schon, ja. Es geht steil bergab, sehr, sehr steil. Ganz unten steht eine Frau und ruft fröhlich: "Keine Angst! Das tut nur EINmal weh." Das ist als Aufmunterung gemeint. Sie findet das lustig. Ich auch. Hervorragend.

Es läuft ganz gut. Wir fühlen uns fit. Meine Herren, sind wir fit! Guck doch mal, wie fit wir sind! Hätten wir doch nur die 18km gebucht, wa? Ein erster ernüchternder Tiefpunkt ist allerdings bald erreicht, als wir uns einig sind, bestimmt schon über die Hälfte der Strecke geschafft zu haben und dann 500m weiter ein Schild an einem Baum unbarmherzig "3km" anzeigt. WAS?! Drei? Oh Gott...


Das Ding aus dem Sumpf

Danach läuft es aber. Wir klettern über Baumstämme, waten geduldig durch Wasserlöcher, hieven unsere Popos über senkrecht angebrachte Netze und schieben uns gegenseitig diverse lehmverschmierte Anstiege hinauf. Der Matsch sammelt sich in den Schuhen, die mit jedem Schritt schwerer werden. Zwischen Schuhsohle und Fußsohle passen immerhin 4cm dicke Lehmklumpen. Pfützen werden zu Freunden. Immer öfter patschen wir einfach mittendurch, is jetzt eh wurscht, guck doch mal, wie wir aussehen. Genau, guck dich doch mal an! Dreckschwein. Ein gutes Gefühl, nicht mehr auf Äußeres zu achten. Achten zu können, achten zu wollen. Ich stehe mit einer Frau an einem Schlammloch. Wir gucken uns an. Grinsen. Obwohl drumherum genug Platz wäre, stürmen wir beide entschlossen mittendurch. "Dafür sind wir doch hier!" sagt sie. Recht hatse. Das ist wie mit dem Leben - ganz rein ist die bessere Option. Ich bin ein verkrusteter Glückskeks in Fußballschuhen.

An zwei Ständen auf der Strecke werden isotonische Getränke angeboten. Auch halbe Bananen und Power-Riegel für Bodybuilder, was ich auf einmal als total angebracht empfinde. Wir waschen uns vorher die Hände. In einem Bottich voller Matschwasser. 'Sauber' wird mittlerweile längst anders definiert.

Das ist dann doch eher 'dreckig' 

Kilometer 6 ist erreicht. Zwei Drittel. Irgendwann danach tauchen die "richtigen" Truppenübungsplatz-Stationen auf. Die, die man aus dem Fernsehen kennt: Mädels, rückt eure Käppchen zurecht. Jetzt wird ernsthaft über den Lehmboden gerobbt, der wie poliert wirkt, weil schon mehrere Dutzend Leiber darübergeschoben wurden. Auf die Knie! Dann ein Wasserloch, leider diesmal abgedeckt, also Ärmel hoch und eintauchen. Nee, is dat schön. Danach sehen wir aus, als hätte man uns mit den Füßen voran in einen überdimensionierten Kessel voll feinster Milchschokolade getunkt. Dann die obligatorischen Autoreifen. Links, rechts, links, rechts, hop, hop, hop, durch Betonrohre krabbeln und über Rampen springen.

Ganz ehrlich? Den allerletzten Kilometer habe ich im Autopilot überstanden. Irgendwann bin ich über den letzten Hügel gekrabbelt, sah die Zielkurve und blieb einfach mal mittendrin stehen. Ich hatte meinen Bruder verloren. Tjoah. Mein Körper war erschöpft und mitbekommen habe ich eh nichts mehr. Da stand ich also und wartete. Mich lachte diese Riesenpfütze an, die aus der allerersten Kurve, die jetzt die letzte war. Ich nahm kurz Anlauf und hopste mit Schmackes mittenrein. Bisschen Zeit vertreiben. Plötzlich dröhnt es durch die Grube: "Nein, nicht da reinhüpfen!" 

Minuten später ging mir erst auf, dass mich der Radiomann oben auf dem Hügel beobachtet und mein seltsames Verhalten kommentiert hatte. Schließlich war das hier die Zielkurve. Alle anderen rannten erfreut unter den Baggerschaufeln durch und ließen sich feiern. Ich tobte im Matschwasser herum. 15 Meter vor der Ziellinie. Na ja. Prioritäten und so.


Auch der Herr von Radio BOB, der hinter der Ziellinie steht, merkt schnell, dass mit mir nicht mehr viel anzufangen ist. Als er mit dem Mikro auf mich zukommt und mir die Hand schüttelt, nehme ich alles wie durch Watte wahr. Man sieht es mir auch an - er fragt nichts, gratuliert nur, Händedruck kann ich noch. Ich verstehe, warum Fußballspieler nach einem anstrengenden Match nur noch mühsam ganze Sätze zusammengeschustert bekommen; man ist wie benommen. Irgendwie gaga und sehr, sehr abwesend.

Wir stellen uns bei den Vorduschen an. Draußen. Die Schlammschicht auf unseren Körpern beginnt zu trocknen. Wer jetzt den Unterarm dreht, bekommt einen Vorgeschmack auf den Zustand der eigenen Haut in ungefähr 40 Jahren. Müde und fasziniert drehe und wende ich meine Arme, starre stumm auf die vielen Falten. Das waren die längsten und besten 9km meines Lebens.


Dann ist irgendwann alles geschafft. Wir sind vor- und auch richtig geduscht und tragen saubere Klamotten, sehen wieder aus wie Menschen. Fühlen uns allerdings wie King Kong und Clark Gable in einem. Eine halbe Stunde später bricht kurz nochmal die Bestie durch. Und zwar so richtig. Mein Körper fordert plötzlich all die Kalorien ein, die in den vergangenen zwei Stunden verbrannt wurden. Das müssen ne ganze Menge gewesen sein. Ich hatte noch nie im Leben so viel Hunger! Aus dem Weg, ich muss essen!! Ich schiebe mir minutenlang wie wild alles in den Mund, was ich an Verwertbarem zu fassen bekomme - ein alkoholfreies Bier, einen halben Apfel, zwei Milchbrötchen, einen Smoothie, ich teile mir einen deftigen Salat mit meinem Bruder, versenke die Zähne in einem mächtigen Burger mit Rindfleisch, später abends futtere ich noch zwei Waffeln und verdrücke die Reste von Franzoses indischem Essen. Bin von mir selbst beeindruckt. Auch ein klein wenig besorgt und in Ehrfurcht. Zu Hause schlägt die Erschöpfung in einen Energieschub um. Was soll das denn jetzt?! Nicht mal in Ruhe erschöpft sein kann man hier. Eine halbe Stunde lang springe und tanze ich zu unfassbar lauter Musik in der Küche herum, dann wird geduscht. Schon wieder. Diesmal mit warmem Wasser. Schööön. Jetzt ist die Haut dran, sie ist durstig. Drei Mal muss ich alles eincremen, bis sie Ruhe gibt, bis gut is. In mir summt es. Alles fühlt sich super an. Ich friere. Aber es ist gut.

Das Grübeln der letzten Wochen ist wie weggeblasen. Geht auch gar nicht anders. Wer so erschöpft ist, denkt nicht mehr viel nach. Irgendwann macht es Plop, und ich schnarche unverhofft weg. Muskelkater gibt's zum Glück keinen, aber ganze drei Tage, die nur irgendwie überlebt werden, mehr nicht.

Das hier? Jederzeit wieder. Vielleicht auch mal mit Huhn aufm Kopp.

Was gelernt?
Kopf erschöpft? Körper erschöpfen!
Läuft. 


Dienstag, 1. September 2015

Lauschangriff. Heute: Käse. Nur besser.

Liebe Schnitzelfreunde,
es ist mal wieder passiert. Ein verbaler Alltagsjuwel hat sich mir in den Weg geworfen. Wie ich das liebe! Folgende Situation bitte einmal visualisieren:

Zwei Damen unterhalten sich im Büro. Die eine erzählt in schönstem rheinischen Dialekt, dass sie heute Abend lecker essen geht. In diesem total angesagten, hippen Laden im Bahnhofsviertel. Die andere Dame wird neugierig und verlangt nach mehr Information. Wo ist der Laden, wie heißt der noch gleich, und was gibt es denn da überhaupt zu futtern?

Die Damen tauschen sich aus, eine Internet-Adresse wird herumgereicht, man scrollt sich durch das Speisekärtchen der funky Location und staunt. Plötzlich:

Dame 1: "Hömma."
Dame 2: "Ja...?"
Dame 1: "Hast du das schon gesehen hier?"
Dame 2: "Ehm. Wo denn genau? Was ist denn da?"
Dame 1: macht eine Kunstpause
Dame 2: "Hallooo? Was wolltest du denn sagen?"
Dame 1: grinst "Hier unten. Was da steht."
Dame 2: "Komm. Jetzt sag's halt." 
Dame 1: "Doller Laden... Die ham da keinen Käse - die ham Fromage!" 

Frohmaaahsch.

Ich freu mich! Obwohl ich auch hier wieder nicht weiß, ob es genauso lustig wirkt wie zu dem Zeitpunkt, als ich es live gehört habe. Macht nichts. Seitdem ist es jedenfalls ein Dauerbrenner. Hömma, Schnittchen? Ja. Gerne. Aber nich mit Käse, ne? Neeee, nich mit Käse. So isst man bei den Banausen. Wir essen keinen Käse - wir essen Fromage!

Was gelernt?
Fronkraisch, Fronkraisch. Geht immer. 

Montag, 24. August 2015

Smartphone an Schnitzel: Benutz mich!
Oder: Bin ich jetzt hip?

Liebe Schnitzelfreunde,
seit geschlagenen zwei Wochen hab ich so'n neumodisches Ding. Ein Smartphone. Von Mama. Die ist nämlich irgendwie cooler und fortschrittlicher als ich. Und weil sie mich lieb hat und möchte, dass ich der Zeit nicht soooo arg hinterherhinke und deshalb von den anderen Kindern ausgelacht werde, darf ich ihre alten Sachen auftragen. 

Total nett, meine Mama. Wirklich. 

Hallo, Mutti! (Glaubt jetzt nicht, dass ich wirklich Mutti zu ihr sage. Obwohl man damit ja mal anfangen könnte. Leute ohne Ahnung von Smartphones sagen auch mal Mutti.)

Das Smartphone ist von Aldi. Also richtig hip. So ein kluges tragbares Telefon mit übergroßem Bildschirm und schlechter Kamera, wie es die riesengroße Mehrheit von euch bestimmt seit Jahrhunderten besitzt. Nur eben mit guter Kamera. Und wahrscheinlich nicht von Aldi.


Mama hatte sich die Discounter-Version angeschafft, weil sie nicht ganz sicher war, ob das was werden würde. Mit ihr und dem Smartphone. Tja. Was soll ich sagen. Mittlerweile schickt sie Bildnachrichten durch die Weltgeschichte - zuletzt an meinen Bruder nach Australien - und hat mit ihren Kolleginnen eine Whatsapp-Gruppe gegründet, die rege genutzt wird. Zeit für ein Upgrade. Das alte Teil kann an die Oldschool-Tochter abgetreten werden.

Und ganz ehrlich - kann man sich gegen Geschenke von Mamas wehren? Nein, kann man nicht. Die nimmt man an.

Ich gehöre jetzt also zur Instagram(mit einem oder zwei m?)-fähigen Gesellschaftsschicht. Also, zumindest theoretisch. Denn eigentlich liegt mein Smartphone seit Tag 1, an dem ich es noch brav aufgeladen habe, nur in der oberen linken Ecke meines Schreibtisches und regt sich nicht. Es wartet geduldig auf seinen Einsatz. Joah. Also, wenn ich eins hab, dann Geduld und gutes Sitzfleisch. Und Skepsis. Gegenüber neumodischem Zeuchs.

Ja. Staub. Ne ganze Menge davon. Da muss mal jemand wischen.

Ob der Akku wohl noch voll ist? - Ah. Nein, ist er nicht.

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Gut. Ich habe den Post eine Weile ruhen lassen. Das Smartphone auch. Das ruht ja eh, seit ich es habe. Still und starr, wie der See aus dem Lied. Hin und wieder habe ich aber mal nachgesehen, ob es ihm auch gut geht. Verbunden mit ehrlichem Interesse. Ich habe es gedreht und gewendet und weiß jetzt, dass man links die Lautstärke regeln kann. Das ist schön. Und gestern gab es außerdem einen echten Annäherungsversuch. So richtig mit Einschalten und Anfassen.


Noch ist mir nicht ganz klar, warum alle so auf Smartphones stehen. Dieses ganze Geschiebe und Gewische. Ich glaube, ich drücke lieber Tasten und Knöpfe. Die dürfen dann auch klicken oder tuten. Aber gut, aller Anfang ist schwer, nech?

Franzose lag neben mir auf unserem Couch-Ersatzding und beäugte meine zarten Anbandelungsversuche sichtlich amüsiert. Nach wenigen Minuten gab es den ersten Kommentar in Richtung "Das wird eine lange, schwierige Phase." Keine Ahnung, was er damit meint. Ich habe jedenfalls aus Versehen einen Instagram-Account erstellt, obwohl ich eigentlich nur diese typisch quadratischen Fotos machen wollte, die man ja eifrig mit Filtern totwirft, damit alles schön aussieht. Nachts um 23 Uhr habe ich probehalber ein Foto vom aktuellen Blumenstrauß auf dem Wohnzimmertisch gemacht, um zu prüfen, wie das in quadratisch aussieht. Mit Blitz. Alles total überbeleuchtet. Wo finde ich jetzt den Filter, der das wieder hinbiegt?

Manchmal komme ich mir vor wie ein Alien. Fühlt sich aber okay an.

Neues Mantra: Man darf sich dem Fortschritt nicht verstellen.

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Tjaaaaa. Wieder sind ein paar Wochen rum. Ab und zu staube ich mein Smartphone ein wenig ab. Hinterher sieht es noch so aus, als würde ich mich nicht darum kümmern. Dabei schaue ich manchmal sogar ins Aldi-Prospekt und beäuge die Smartphone-Tarife mit den super-günstigen Paketen samt High Speed Internet und toller Flatrate. Dann blättere ich meist schnell weiter zu den Seiten mit den italienischen Wochen und kreuze Cantuccini sowie faszinierende Conchiglie-Muschelnudelmischungen an, weil Nudeln mit Kurkuma, Spinat, Roter Bete und schwarzer Karotte einfacher zu handhaben sind als Smartphones und Filter für quadratische Bilder. Zumindest bisher.

    
Ich kann mich jetzt nicht mit neumodischem Schnickschnack befassen - mein Leben ist gerade komplex genug.

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Habe gerade heimlich das Ding eingeschaltet und einfach so aus Spaß ein bisschen drauf herumgewischt. Hab den richtigen Schwung gefunden. Ob ich wohl mal den Gang zu Aldi wage und einfach loslege? Die Zeit ist reif. 

Okay, überreif.

Jaaaaaa, mensch...

In knapp fünf Monaten geht es nach Chile. Die Flüge sind gebucht. Bis dahin bekommt man das wohl hin, diese ganze Angelegenheit mit dem Gewische, dem Quadratisieren und Filterfummeln.

Und ganz ehrlich: Da stecken irre Möglichkeiten hinter. (Oder? Hört man halt so.) Ein ganzes Universum passt in so ein kleines flaches Smartphone. Mein Gott. Ich kling wie meine eigene Omma. Am besten führen wir das mit der Postkutsche wieder ein und alles wird gut. Ich halte euch auf dem Laufenden. Meine ersten quadratischen Superfilterfotos werden natürlich exklusiv hier auf diesem Blog veröffentlicht. Ihr habt doch noch ein paar Monate Geduld, ne?


Was gelernt?
Nicht immer logisch, was man so tut. Oder nicht tut. 
Aber diesen Instagram(m?)-Account, also, 
den lass ich mal sein. Vorerst.
Und: Hip geht anders.

Sonntag, 16. August 2015

Sommer in Frankreich

Liebe Schnitzelfreunde,
manchmal kommt es mir so vor, als würde ich dieses Jahr den Sommer verpassen. Ein ganz klein wenig. Das finde ich echt nicht gut. Ich schimpfe dann eine Runde. Auf alles und jeden, der eventuell Schuld dran sein könnte. Dann werfe ich eilig den Bikini und das türkische Badetuch in meinen Rucksack und düse nach der Arbeit schnurstracks zum Freibad. Und freue mich, wenn die Kollegin am folgenden Tag verwundert fragt, warum ich denn so braun sei. Obwohl ich ja die Einzige im Büro bin, die von April bis Dezember keinen einzigen Tag Urlaub haben wird. (Halb so wild. Durchhalteparolen. Alles für den Dackel Chile.)

Wenn es fürs Freibad zu spät ist - so wie Freitagabend, nach einem tollen Essen, israelisch, Shakshuka und ein Glas Weißwein - weil die Nacht sich bereits stockduster über die Dächer legt, dann sichte ich Urlaubsfotos vom vergangenen Jahr. Und freue mich. 




Das war so ein Sommerurlaub wie er sein soll. Entspannt, ganz federleicht und unbeschwert und voller erster Male. Das erste Mal die Fußnägel lackiert. Knallrot. Seitdem nicht mehr damit aufgehört. Das erste Mal Austern gegessen. Und auch das letzte Mal. Igitt. Das erste Mal (seit, sagen wir, der Grundschulzeit) wieder mit einem Köpper vom Startblock ins Wasser gesprungen und mit dem Kopf voran die Wasserrutsche hinuntergestürzt. War das früher auch schon so aufregend? 








 Bei Franzoses Freunden. Nur Essen und Liebe machen im Kopp. Schön.


Das erste Mal Paragliding ausprobiert. Auch ein bisschen, weil Franzose nicht Fallschirmspringen wollte. Einen Pfirsichkuchen gebacken, an einer Steilwand geklettert, Pflaumen geerntet und zu Marmelade eingekocht, mich mit einem dunkelbraunen Widder angefreundet, der einfach so bei jemandem im Garten rumstand und uns gut fand, Franzose vor den Augen seiner nicht sonderlich begeisterten Mutter den Kopf rasiert - das schöne Haar! - ach, ach, auf ein Dach gekrabbelt, um ein Fenster zu putzen, Bogenschießen im Garten geübt, einen Rasenmähertrecker gefahren und drei Stunden lang die Halme gekürzt, was für ein Garten... 









In einem winzigen Kaff auf dem Straßenfest die Füße beinahe wund getanzt, auf dem Rückweg eine Katze halb überfahren, mein Gott, war mir schlecht. In der Kinderdisco auf dem Campingplatz zum Affen gemacht, mir doch egal, hier kennt mich keiner und die Musik ist grad gut. Na ja, was man mit zwei Gläsern Wein im Kopp und Sommersprossen auf der Nase halt grad gut findet.







Und letztendlich extremst mit Ruhm bekleckert, als wir am Flughafen feststellten, dass wir meinen Rucksack mitsamt allen wichtigen Papieren im französischen Bauernhaus vergessen hatten. 200km entfernt. 

"Wie?! Also. Ich dachte, du hast den eingepackt."
"Joh. Ich dachte, DU hast..."

Top.

Franzose flog fluchend nach Frankfurt, ich fuhr mit der Franzosenmutter wieder zwei Stunden zurück ins Bauernhaus, vorbei an unendlich großen Sonnenblumenfeldern, begleitet von Gekicher und Gesprächen im wahrscheinlich schlechtesten Französisch, das die Welt je gehört hat. Verstanden haben wir uns trotzdem. Denn wenn man muss, dann kann man ja so gut wie alles. Und zusammen singen geht auch immer. Sogar auf Französisch.




Was für ein Sommer. Ich hau mich heute Abend lächelnd aufs Ohr.


Was gelernt?
 Urlaubserinnerungen for president.
Und: Es passt ganz schön viel Leben in zwei kleine Wochen.

Mittwoch, 22. Juli 2015

Knallebunt geht vieles leichter

Liebe Schnitzelfreunde,
dieser Sommer ist ein turbulenter, und die Zeit, die Zeit, wie sie rennt, es ist kaum zu fassen. Dachte ich eben noch, der letzte Post sei sicher erst ein paar Tage her, sehe ich gerade, dass es doch ein paaaaar Tage mehr sind. Aber gut, dann ist das so. 


Zu Hause wird gekämpft - gegen den Schimmel, den Vermieter und die heiße Luft, die der laut dröhnende Anti-Wasserschaden-Kompressor in die Küche pustet. Eine Sauna, hat auch nicht jeder! Und weil man bei sowas nur verrückt werden kann, dachte ich mir, kann ich auch gleich komplett offensichtlich werden und mich mal auf eines dieser Holi Hail Festivals begeben, um wild tanzend mit farbigem Pulver um mich zu werfen. 

Und alles wieder in Relation zu setzen. Denn irgendwie ist das doch ein bisschen irre, eine Eintrittskarte zu kaufen und sich dann zielgerichtet eigentlich nur komplett einzusauen.


Ich schwöre, dass ich mir vorgenommen hatte, wenigstens ein klitzekleines bisschen Recherche zu betreiben. Mich über den Hintergrund des Festivals zu informieren. Ansatzweise zu verstehen, was das alles soll... Na ja, ihr ahnt es schon, ne? Satz mit X. War nix. Deshalb kam ich mir auch etwas bekloppt vor. Zwischen all diesen fremden Leuten. Als Einzige barfuß. Hippie shit. Als eine der Wenigen nicht in Weiß gekleidet. Ah, so macht man das also. Hopsend, hüpfend, lachend. Schon wieder keine Ahnung, was hier los ist. Ständig zu spät zum Holi Spray und immer wieder den Farbbeutel kaum aufbekommen oder gleich alles auf dem Boden verteilt. Aber wisster: Manchmal ist es eben total okay, irgendetwas einfach so zu tun. Ohne Plan, ohne tieferen Sinn, ohne Eleganz und mit enorm viel Spässkes an der Sache. Und sich hinterher an eingesauten Klamotten, verschmierten Gesichtern, zugestaubten Sonnenbrillen, krustig braunen Füßen zu erfreuen.




Ein paar Inder rannten dort herum. Breites Lächeln, keine Berührungsängste, das mag ich ja. Nicht mal Hallo sagen, nein, sondern gleich mit vollen Händen dieses fremde Gesicht einseifen, das gar nicht daran denkt, sich zu wehren. Die müssen es ja wissen, dachte ich mir, und schloss einfach lächelnd die Augen. Macht ihr mal. Orange auf dem Kopf, Grün, Gelb, Blau, Violett im Gesicht.

Nach ein paar Stunden war's gut. Die Waden schmerzten vom Gehopse, wir sahen aus wie hulle und wollten Eis! Eigentlich das von Ben & Jerry's auf deren Movie Night. Die Schlange vorm Tor entsetzte uns allerdings, also... Tja. Supermarkt? Nee, nicht stilecht. 


Einmal durch die ganze Stadt, bis ins etwas schickere Viertel, zur tollsten Eisdiele. Natürlich hatte ich bis dahin schon wieder vergessen, wie wir aussahen. Vielleicht ganz gut so. Bis dann der Eisverkäufer hinter der Theke auf uns starrte und mit einem "Pistazie, bitte!" geweckt werden musste. Huch, ach so, natürlich, Verzeihung. 


Bisschen rumbummeln, ne tolle Wand finden, letzte-Gelegenheit-Bilder knipsen, erst du, dann ich, dann Selbstauslöser, Franzose verliert den halben Kopf, ein wenig schäkern mit dem tätowierten Menschen samt Hund, der seine Begeisterung über unser Verschmiertsein ausdrückt, aus Versehen kleine Kinder erschrecken, ein wirklich großartiger Tag. Weit weg von allem. Gerne wieder. Wirklich, sehr gerne, immer, immer wieder!

Was gelernt?
Wenn man merkt, dass Einsauen mit Farbpulver eine Lösung darstellt,
einfach ein paar Beutelchen mit nach Hause nehmen. 
Für weitere Wasserschäden. Oder so.