Freitag, 31. Oktober 2014

Halloween - Zombie Walk Teil II

Liebe Schnitzelfreunde,
heute gibt es den zweiten Teil des Zombie Walks zu bestaunen. Je öfter ich mir die Bilder anschaue und mich an den Abend erinnere, desto häufiger denke ich, dass er für unvorbereitete, zartbesaitete Menschen doch einen ganz schönen Schock darstellen kann. Deshalb ist es umso wichtiger, sich wirklich an die Regeln zu halten.


"Macht nichts kaputt, werft euch nicht bluttriefend auf fremde Autos, besudelt keine Passanten," zum Beispiel. Wobei ich ja nicht umhin kann, die Formulierung dieses Satzes unfassbar lustig zu finden. Weitere Regeln besagen, dass Polizisten und Mitarbeiter des Ordnungsamtes davon zu überzeugen sind, dass es sich bei den Teilnehmern allesamt um "brave Zombies" handelt. Ein guter Zombie erschreckt auch keine kleinen Kinder und hält sich erst recht nicht in größeren Gruppen in wiederum recht kleinen Geschäften auf, denn "Lebende wollen auch einkaufen".


Hier seht ihr, dass ich im Vergleich zu anderen Zombies sehr vital wirke und viel zu wenig Blut am und dementsprechend viel zu viel im Körper trage. Das muss besser werden... 

An einem Zombie Walk nehmen keine normalen Menschen teil. Manche werfen sich spontan ächzend zu Boden, kriechen dann dort herum und geben besorgniserregende Laute von sich. Aber lasst euch davon nicht täuschen, die sind ja schon tot. Stolpert einfach weiter. Ich kann viel ab, aber als mir jemand ein Nierenschälchen mit blutigen, abgehackten Fingern anbot ("Häppchen?"), bin ich doch kurz zusammengezuckt. Heieiei. Richtig gut wiederum fand ich die Hundebesitzer, die das Fell ihres hellbraunen Vierbeiners großzügig mit dem Schriftzug "Fleisch" versehen hatten. Der Hund sah trotzdem sehr glücklich aus.


Wie hier oben zu sehen, kletterten Fotografen bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf erhöhte Objekte. Denn daraufhin wurde eine Art Choreografie dargeboten, in deren Verlauf sich die hungrigen Zombiejünger um jenes Objekt sammelten und mit gierigen Armen nach den Fotografen reckten. Das muss richtig gute Bilder gegeben haben.


Ich hatte mir das ganze vorher wie eine Art obergruseligen, blutbesudelten Karnevalsumzug vorgestellt, doch das ist es wirklich nicht. Es gibt keine Schnäpschen und niemand wirft einem alte Bonbons an den Kopf, klar. Der wirkliche Unterschied besteht aber eher darin, dass fast jeder für den Verlauf des Walks in seiner Rolle bleibt. Falls er sich vorher eine zurechtgebastelt hat. Menschen im Dirndl zucken plötzlich und drehen mechanisch Pirouetten, als seien sie kleine Aufziehpüppchen. Soldaten robben über den Asphalt, Frauen im Brautkleid fragen nach ihrem Bräutigam und überprüfen noch schnell das Make-Up im Taschenspiegel. So fiel es uns beiden überhaupt nicht schwer, den ganzen Weg über das Bein nachzuziehen, leidend zu gucken und einfach mit einzufallen, wenn die Meute mal wieder "Fleisch! Fleisch! Fleisch!" skandierte.


Vor der Alten Oper in Frankfurt kam der Zug dann nach ungefähr anderthalb Stunden zum Halt. Ein gigantisches Gruppenbild wurde arrangiert. Darauf hatte ich keine Lust. Ich fand's viel spannender, diese unfassbare Masse an Leuten zu sehen, wie sie fröhlich und ausgelassen vor dem schicken Gemäuer posierte. Kurz darauf löste sich alles auf. Innerhalb weniger Minuten sah es so aus, als wäre hier nie was gewesen. Wie bei einem Flashmob.

Wir liefen noch durchs Rotlichtviertel, weil uns das lustig erschien, und verbrachten den Rest des Tages zu Hause. Mittlerweile war es auch stockduster. Mein Franzose wusch sich sofort das Blut vom Körper, ich dagegen fing an, mich richtig wohlzufühlen, so zerfetzt und angeditscht. 


Der moderne Zombie legt Wert auf ein gepflegtes Ambiente und eine ausgewogene Ernährung.

Was gelernt?
Eher nicht. Aber warum macht es so viel Spaß, so zu tun, als wäre man schon im Jenseits?

Donnerstag, 30. Oktober 2014

Gruselfood - dramatisiere deinen Alltag!

Liebe Schnitzelfreunde,
heute Morgen fing es an. Ich war im Halloween-Fieber. Dieser Blog tut seltsame Dinge mit mir. Noch renne ich aber nicht im Tutu durch den Wald und lasse mich dabei knipsen, wie ich Bäume umarme und meinen Feenstab schwinge. Noch. In meinem Kopf geht einiges vor. Wie dem auch sei, ich hatte plötzlich richtig Bock auf IRGENDETWAS, das unfassbar gruselig ist und sich am besten in kürzester Zeit umsetzen lässt. Weil doch in wenigen Stunden schon Halloween ist. (Na und?) Etwas, das halbwegs Sinn ergibt und hinterher nicht verschämt im Schrank versteckt werden muss oder gar im Mülleimer landet. Und etwas, das keinen Kürbis in welcher Form auch immer beinhaltet. Was lag da näher, als einfach der Nahrungsaufnahme einen schaurigen Touch zu verleihen?


Kurz die Phantasiemaschine anwerfen, den Kühlschrank inspizieren. Denk. Nach. Denk. Scharf. Nach. All diese Dinge, die du siehst - die können auch anders... Ganz bestimmt. Und zack! Da war die erste Idee geboren. Heute wird die Erdbeermarmelade mal zur Blutspur auf dem Frischkäsebrot. Mit Null Aufwand. Ich finde das super! Macht das mal nach. Das Frühstück fühlt sich gleich anders an. Aufregend anders.


Wie ihr seht, bin ich dann ein bisschen durchgedreht und habe alles ins Bild gehalten, was auch nur ansatzweise "hallo, ich bin potenziell gruselig" murmelte. Na ja, was soll man machen. 


Was die aufgespießte Gummifledermaus soll? Ich kann es euch leider nicht erklären. Empfehlen kann ich aber, sie nicht wie ich über den ganzen Spieß zu quälen, nur weil dieser nicht an beiden Enden angespitzt ist. Guckt euch mal diesen Schrumpfkopf an. Unmöglich. Und ich bin schuld. Hab sie dann aufgegessen.

Das Frühstück/Der Event war ein voller Erfolg, den ich ausgiebig mit mir selbst feierte. Bis die nächste, na gut, übernächste Mahlzeit anstand und mein Ehrgeiz sich meldete. Erneut durchforstete ich Kühlschrank und Gefrierfach. Uralte Taufrische Rostbratwürstchen! Tja, und sonst weit und breit nichts, was sich damit paaren ließe. 


Nananananananana nananananananana Batmaaaan! Ich wusste nicht weiter. Aber wozu gibt es Pinterest? Die Seite macht mich ja regelmäßig komplett fertig. Weil es unfassbar ist, wie viele Menschen so grenzenlos kreativ sind und ihre Ideen mit der ganzen Welt teilen wollen. Ich stieß auf mehrere Fotos von reichlich beknackt aussehenden Würstchen in Mullbinden aus Blätterteig und wollte GENAU das.

Halloweeners! Fünf Euro in die Kalauerkasse.
Ihr bratet die Würstchen in der Pfanne schön kross und lasst derweil dem Blätterteig genügend Raum, sich zu entfalten. (Hahaha, wer hat's gemerkt? Ohje.) Er lässt sich besser verarbeiten, wenn er sich etwas akklimatisieren kann. An der Längsseite schneidet ihr nun den Teig in viele schmale Mullbindenstreifen, wickelt diese um die armen Würstchen und schiebt sie bis obenhin vermummt in den vorgeheizten Ofen. 200°C sollten reichen, und nach gut 15min. sind eure Gruselmumien fertig.


Und wenn ihr dann noch mehr Glück als Verstand habt und ein Mort Subite im Kühlschrank findet, also den schnellen Tod in Form von Kirschbier, dann schließt sich der Kreis und eure Halloween-Fressorgie ist 'ne wirklich runde Sache. Ich wünsche einen optimal obergruseligen Guten Appetit! 

Was gelernt?
Essen kann wirklich aufregend sein. 

Mittwoch, 29. Oktober 2014

Wenn nichts mehr hilft, hilft mir Bob Ross

Liebe Schnitzelfreunde,
heute ist ein suboptimaler Tag. Einer, an dem die Welt ein blöder Ort ist und man sich zusammenschnurren möchte wie ein Katzenvieh, um die verbleibenden Stunden bis Mitternacht unter einer fluffigen, nach Lavendelblüten duftenden Mohairdecke (dekadent!) zu verbringen. Die einzige Aufgabe lautet, gleichmäßig in den Bauch zu atmen und nach dem inneren Gandhi zu suchen. Gerne kann auch ab und zu wer vorbeischauen und Kekse bringen. Oder vielleicht lieber doch nicht... Ich habe vorhin eine ganze Packung Butterspekulatius mit Vollmilchschokoladenboden vernichtet. Örks.

Aus gegebenem Anlass also ein Video von dem Mann, der uns all das vergessen lässt. Der mit seiner sanften Stimme und seinem unerschütterlichen Optimismus die Welt ein bisschen besser macht. Ganz unaufgeregt, leichtfüßig, beinahe schwerelos. Indem er Wolken malt. Viele, viele, abertausende fröhliche kleine Wolken. Ja! Herr Ross STREICHELT seine Leinwände mit Pinseln, liebevoll verhilft er Farbtuben dazu, wohlgeformte enzianblaue oder titanweiße Würstchen zu gebären und gibt dir und auch mir das Gefühl, dass eigentlich alles takko ist. Danke, Bob Ross. Ich denke, ich geh mir jetzt Farbpalette und Staffelei besorgen und dann verleihe ich meinem wiedergefundenen Frieden Ausdruck. In Blau-Weiß. Und währenddessen rede ich dem Pinsel gut zu. 

Bevölkert die Welt mit happy little clouds. Denn Bob sagt, dass es gut ist. Und Bob weiß, wovon er spricht. Liebt ihr Bob Ross genauso wie ich? (Die Frisur, die Frisur!) An so speziellen Tagen könnte ich ihm ernsthaft stundenlang zusehen. Das ist meditativ, es beruhigt.


Was gelernt?
Manchmal isses so einfach. Frag Bob.

Montag, 27. Oktober 2014

Halloween - schöner verwesen beim
Zombie Walk Frankfurt, Teil I

Liebe Schnitzelfreunde,
Halloween steht vor der Tür. Oder kratzt mit langen, blutig verkrusteten Fingernägeln übers Küchenfenster, um euch zu holen. Wie ihr wollt. Dieses amerikanische Gruselfest interessiert mich eigentlich nicht die Bohne. Zumindest war das bis vor Kurzem noch so. Aber die Sachlage hat sich entscheidend geändert, seit ich weiß, dass in Frankfurt alljährlich im Spätsommer oder Herbst der Zombie Walk stattfindet! Eine Horde verwesender Mitbürger stolpert blutüberströmt, apathisch und dennoch sehr, sehr hungrig durch die Innenstadt, vorbei an überraschten, ratlosen, staunenden und vor allem appetitlich lebendigen Passanten. Am 30. August waren wir selbst zum ersten Mal dabei und schlurften untot sowie reichlich demoliert dem Sonnenuntergang entgegen. Romantischer geht es ja wohl kaum noch. So ein Zombie Walk ist hervorragend sinnbefreit, und so möchte ich ihn ausnahmslos jedem ans Herz legen, der ein bisschen Spass inne Backen und Lust auf vergnügte Zombiefreunde hat. Ihr müsst zum Glück auch gar nicht bis zur Bankenmetropole pilgern, um mitzumachen. (Wer weiß, wo ihr alle wohnt...) Zombie Walks finden unter anderem in Berlin, Dortmund, Hamburg, München oder Hannover statt. Vorgestern gingen die wohl letzten Paraden dieses Jahres in Berlin und Stuttgart über die Bühne.


Mein Franzose und ich beschlossen halsbrecherische drei Stunden im Voraus, dass der diesjährige Walk unser Debüt darstellen sollte, nahmen die Beine in die Hand und hetzten durch sämtliche Handarbeits- und Dekorationsabteilungen aller großen Kaufhäuser. Anscheinend war es aber noch zu früh, um richtige Halloween-Schminke abgreifen zu können, und Karneval stand ja nun auch noch lange nicht auf dem Plan. Der idee-Kreativmarkt rettete uns den Abend und versorgte Mann und Weib mit Zombie-Schminksets. Alles würde gut blutig werden.


Zu Hause kloppten wir uns beinahe um den Platz vorm Spiegel, weil uns der Ehrgeiz gepackt hatte. Wir beratschlagten unsere Todesursachen, tupften einander eifrig Kunstblut ins Gesicht und humpelten zu Musik in ohrenbetäubender Lautstärke probeweise durchs Wohnzimmer. Auf jedem Zombie Walk herrschen ein paar Regeln, die es zu beachten gilt. Das Humpeln, Schlurfen oder gerne auch Ächzen und Stöhnen gehört unbedingt dazu. Und: "Man darf beim Zombiewalk so ziemlich alles sein, nur nicht schön. Wer gestorben ist, der verwest." Das leuchtete ein.


Für uns ging es mit dem Rad in Richtung Bahnhof. Nach 200m hatte ich vergessen, dass ich aussah, als wäre ich dreimal vom Laster überfahren worden und wunderte mich, als dem Dönermann am Eck bei unserem Anblick beinahe Säbel und Brottasche aus der Hand fielen und der Mund weit offen stand. Dabei war nur fünf Minuten zuvor ein Nachbar im Treppenhaus mit einem besorgten "Um Gottes Willen, was ist denn passiert?!" auf uns zugestürzt. Ich bin ein Goldfisch.


Schon an der Ampel grüßten andere Zombies freundlich, indem sie uns mit ausdruckslosem Blick anstarrten, ihre Arme mit den kraftlos abgewinkelten Handgelenken nach uns ausstreckten und uns kurz darauf ein breites Lächeln schenkten. Seltsam, wie schnell man einfach dazugehört, nur weil man selbst besudelt und zerzaust aussieht. Wenn das doch auch im echten Leben funktionieren würde. Überhaupt hatte ich das Gefühl, von unglaublich höflichen, fröhlichen Menschen umgeben zu sein. Jeder, den ich um ein Foto bat, posierte sofort ohne mit der Wimper zu zucken und war sehr, sehr geduldig. Man geizte nicht mit Komplimenten, beglückwünschte einander zum gelungenen Kostüm und fragte nach dem werten Befinden in diesen schweren Zeiten. Da stimmte das Motto schon: Be zombie, be polite. Es gab wahnsinnig viel zu gucken bei der Menge an fantasievollen Kostümen. Ich konnte kaum fassen, wie talentiert diese Leute alle waren! Wir befanden uns quasi auf einem Betriebsausflug der Maskenbildner-Profi-Akademie. Neben all den tollen Zombies wirkte unsere Aufmachung allerdings fast spartanisch und unambitioniert. Ein bisschen so, als wären wir mit einer lächerlichen Schnittwunde am kleinen Finger in die Notaufnahme eingefallen und müssten uns jetzt gaaaanz weit hinten anstellen. Hinter dem Bauarbeiter mit der verwesenden Gesichtshälfte und der hochschwangeren jungen Magd, die mit Mühe die Geburt des vierten Kindes mitten durch die Bauchdecke zu verhindern versucht. Fürs kommende Jahr steht fest: mehr Blut! Überall! Da ist noch ganz viel Luft nach oben. Ich freu mich jetzt schon und schmiede tiefrotgrausige Pläne! Den zweiten Teil des Zombie Walks gibt es im Laufe der Woche. Bis dahin: halbtot rumhängen, im dunklen Wald verstecken und heimlich am faulenden Unterschenkel des Nebenmannes knabbern.

Was gelernt?
 Da ist sie also, meine morbide Seite. Herzlich willkommen!

Donnerstag, 23. Oktober 2014

Do it doch einfach yourself.
Sprühlackierte Gewürzglasdeckel

Liebe Schnitzelfreunde,
während ich diese Zeilen verfasse, greife ich mir ungefähr alle naselang zehn Sekunden an die Nase und schnaube wie ein junges Fohlen. Die feinen Nasenhärchen haben bei der heutigen Selbermachaktion ein wenig schwarzen Lack abbekommen, wie mir scheint. Aber das soll uns nicht weiter stören. Es kitzelt halt ein bisschen. Ich denke einfach in Ruhe über eine dieser professionell anmutenden, weißen Atemmasken nach, wie sie in der Tokioter U-Bahn bestimmt zuhauf zu finden sind, und freue mich darüber, dass ich euch endlich mal ein Do-It-Yourself-Ding zeigen kann. Gewürzglasdeckel im Rockstar-Outfit. Klingt gut, nicht?


Seit wir hier wohnen, wusel ich öfter mal durch die Wohnung und bin plötzlich der festen Überzeugung, dass vieles noch ein bisschen schnieker sein könnte. Sollte. Müsste... Vor über einem Jahr topften wir deshalb sämtliche Gewürze um. Ich wollte sie auf einem Regal stehen haben, in Sicht- und Greifweite. Und schnieke sollten sie eben aussehen. Das haute in den Plastikdöschen, den vielen kunterbunten Gläsern und den zerknüllten Tütchen mit Frischhalteklammer nicht so gut hin. In einem Ein-Euro-Laden hatten wir ganz hinten in der Ecke kleine Gläschen mit Deckel entdeckt, deren Form ganz gut aussah. 


Je öfter man Dinge selbst verändert und zurechtbastelt, desto genauer schaut man hin. Farbe, Muster oder Funktion werden immer unwichtiger. Viel eher kommt es auf die Form, manchmal die Struktur und auf jeden Fall immer auf die Qualität des Materials an. Und: auf das verborgene Potenzial! Tamtamtamtam. Jedenfalls fiel mir heute auf, dass ich die Marmeladenglasdeckel immer noch nicht von Bayrisch auf Rockstar umgesprüht hatte und das jetzt unbedingt ändern musste. (An dieser Stelle bitte ich alle Bayern um Verzeihung. Aber so rot-weiß-kariert... Dagegen.)


Ich glaube nicht, dass irgendjemand wirklich noch eine Anleitung für eine Sprühlackaktion benötigt, aber der Vollständigkeit halber füge ich sie dennoch mal ein. Dann hat alles seine Ordnung. Das ist ja sowieso das heutige Thema! Schön. Der rote Faden hat den Weg zu uns gefunden.

Ihr braucht:

- Marmeladengläser à 220ml (meine sind von Tedi, 55 Cent pro Stück)
- eine alte Zeitung oder eine Schutzplane
- Kreppklebeband
- Sprühlack
- Klarlack (meine Lacke sind von Aldi oder Lidl)
- Arbeitshandschuhe
- Küchenrolle
- Apfelessig


Ihr sucht euch eine Stelle, an der die Aktion stattfinden soll. Am allerbesten natürlich draußen an der frischen Luft, denn die Dämpfe sind nicht zu unterschätzen. Eigentlich hätte ich auch auf dem Balkon, im Garten oder auf dem Bordstein vorm Haus rumgesaut, aber bei diesen Temperaturen war's mir plötzlich zu usselig, und so landeten wir in der Küche. Klebt alles vernünftig ab, öffnet das Fenster, falls Usseligkeit auch euch überkommen hat, entfettet mithilfe von Küchenrolle und Apfelessig die Gewürzglasdeckel und zieht die Arbeitshandschuhe an. Die Deckel kann man zur besseren Handhabung und Erreichbarkeit auf Podeste aus halbierten Klopapierrollen legen oder wie ich auf einen geöffneten Eierkarton und einen Spanholzdeckel meines derzeitigen Lieblingskäses. Ooooohhh, Le Rustique, je t'aime. Und seid jetzt tapfer. Legt das Käsebrot beiseite, macht euch ans Werk. Erst die Arbeit, dann der Camembert.

 

Dann könnt ihr loslegen. Ich habe in einem Abstand von gut 20cm jeden Deckel zwei- oder dreimal schwarz sprühlackiert. Man braucht Geduld und feinen Sprühnebel. Wer die nicht hat, hat später Nasen. Das sieht weniger schön aus. Lasst die Farbe richtig gut und lange trocknen, ihr ärgert euch sonst über ungewollte Fingerabdrücke. Dann sprüht ihr zwei Schichten Klarlack auf die Deckel und wartet wieder recht lange, bis alles gut trocken ist. Schon seid ihr fertig!

 
 

Die alten Klebeetiketten (auch die sind von Tedi) müssen wahrscheinlich spätestens an Weihnachten weichen. Da hoffe ich auf ein DYMO Prägegerät, mit dem ich dann wie eine wildgewordene Wutz durch die Wohnung pese, um unschuldige Objekte zu labeln, die sich nicht wehren können. Das könnte doch in diesem Fall ganz gut aussehen. Schwarzer Labelstreifen, weiße Schrift. Aber wer weiß, wie's weitergeht. Sobald es um mich herum etwas zu ordentlich wird, krieg ich meist eh 'nen Rappel und will, dass mal wieder charmantes Chaos herrscht. Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust... Wir enden mit einem Zitat aus Goethes Faust. Hammer.

Was gelernt?
Das mit dem Sprühlack und mir könnte was Ernstes werden.

Montag, 20. Oktober 2014

Wanderung im Odenwald - lauf oder stirb!

Liebe Schnitzelfreunde,
die Überschrift ist heute wahnsinnig reißerisch, nicht wahr? Das soll so. Das trifft den Nagel auf den Kopf. Diese Wanderung, die wir uns letzten Samstag vorgenommen und dann natürlich auch durchgezogen hatten, wird mir sicher noch etwas länger im Gedächtnis bleiben. Als eine Art Extremsportevent, der so nicht geplant war. Auch mit Blick auf meinen linken großen Zeh. Der funkelt mir nämlich noch immer fröhlich in elegantem Blau-Violett entgegen. 

Ich besuche zur Zeit meine Eltern. Als meine Mutter gestern den Zeh erblickte, rief sie entsetzt: "Mein Gott, das sieht ja schlimm aus! Ist dir da was Schweres draufgefallen?" Vermutlich klang meine Antwort recht dämlich: "Ach so, nö, wir waren nur ein bisschen wandern." "Aha...?" ("Nicht einmal normal geradeaus laufen kann das Kind.")


Am Donnerstagabend saßen mein Franzose und ich also am PC. Lieber Herr Google, 'Wandern rund um Frankfurt' bitte einmal. Klingt harmlos, sollte es auch sein. Wir landeten auf dem Wanderportal Rhein-Main und entschieden uns relativ schnell für diese Route, weil sie als wunderbar abwechslungsreich angepriesen wurde. Vier Stunden lang im Kreis laufen, bisschen Hoch, bisschen Runter, das sollte doch zu machen sein. Vorderer Odenwald, wir kommen!


Samstagmorgen, Blick aus dem Fenster: es regnet. Und das in Strömen. "Franzose, es regnet ganz stark." "Wir gehen wandern." Diskussion beendet. Das kommt dabei rum, wenn man sich darüber beschwert, dass man viel zu wenig unternimmt. Schitte. Der Rucksack wurde geschnürt, festes Schuhwerk angeschnallt, Bütterchen geschmiert, Regenschirme verstaut, zum Glück eine Landkarte eingepackt (wasserfest!), und dann stapften wir zur Bahnhaltestelle. Wir erwarben ein Hessenticket. So eins kostet 30 €, gilt einen ganzen Tag lang und kann von bis zu fünf Personen gleichzeitig genutzt werden. Keine schlechte Sache. Während der Fahrt beruhigte sich das Wetter und ich mich mit ihm.

Pünktlich zum Ausstieg in Bensheim-Jugenheim brachen die Wolken dann wieder auf und ihr Inhalt ergoss sich über unsere Häupter. Es war ein bisschen so, als hätte jemand beschlossen, ein gigantisches Straußenei über der von uns ausgewählten Region zu köpfen. Klatsch. Hähähä. Na gut. Das Ticket war bezahlt, wir waren an einem Samstagmorgen um 7 Uhr aufgestanden und wir würden jetzt verdammt nochmal wandern gehen, die schöne Landschaft genießen, jesunde Luft durch unsere Lungen jagen und tolle Fotos schießen! Es sollten ja auch nur vier Stunden werden. Da wäre doch noch der halbe Tag zum Ausruhen da. Und, ach, das bisschen Regen. Wandern bei Sonnenschein kann ja jeder!


Tja. Was soll ich sagen. Wir fotografieren gerne. Die erste Stunde vertrödelten wir vorm, im und um das Fürstenlager herum, das cirka 300m von der Bahnhaltestelle entfernt liegt. Abwechselnd wurde ein Regenschirm schützend über die Kamera des Partners gehalten, Steine, Schnecken, Mauern, Regentropfen in monströsen Spinnweben und aufsteigender Nebel über Nadelgehölz dokumentiert. Ein Schild wies auf eine Grotte hin. Oh, eine Grotte! Bestimmt unfassbar toll und fotogen. Weitere 20 Minuten später hatten wir die Grotte gefunden. Abseits der Route, auf einem Berg, gut versteckt und... Reden wir nicht weiter davon. Wir liefen an Apfelbäumen vorbei, sammelten später Walnüsse und nahmen etwas Tempo auf, als die Beschilderung zum Naturdenkmal Felsenmeer auftauchte. Und immer, immer ging es bergauf. Der Nebel verdichtete sich, der Regen war mal stärker, mal weniger stark, aber wir hatten unseren Rhythmus gefunden.


Als wir am Felsenmeer ankamen, war ich wie immer etwas überwältigt von den meterhohen Steinbrocken, die dort einfach zuhauf in der Landschaft herumliegen. Was für ein Anblick! Unterm Regenschirm fingen wir an zu kichern, als sich der nächste gewaltige Regenschauer über uns ergoss. Was für'n Schietwetter. Was machten wir hier eigentlich? Wir trällerten "I'm singing in the rain" und blickten minutenlang auf den Ozean voller Gestein, der reglos in dieser trüben Nebelsuppe lag.

 

An dem dicken Baumstamm dort oben rann das Wasser in Sturzbächen hinab. Der Tag war wirklich denkbar ungeeignet für eine stundenlange Wanderung. Wir suchten uns eine Hütte, schoben uns ein Brötchen zwischen die Zähne, blickten auf die Uhr und merkten, dass die vier Stunden so gut wie um waren. Leider hatten wir erst die Hälfte der Strecke hinter uns gebracht. Huch. Sogar an der plötzlich arg reduzierten Menge an Fotos kann man erkennen, dass wir ab da einen Tick flotter unterwegs waren. Die Wegbeschreibung war und blieb schwammig - "in weitem Bogen den Melibokus umrunden" - was zu Diskussionen führte. Wie weit war weit? Wo waren wir überhaupt? Würden wir schneller sein, wenn wir den Berg direkt erklommen? Wir polterten Wege entlang, die mit glitschigem Blattwerk bedeckt waren, wir überquerten Straßen, wir liefen schon wieder bergauf, wir schlugen uns durchs Unterholz und fragten uns, ob hier überhaupt jemals jemand langgelaufen war. Und wo war überhaupt die Wegmarkierung geblieben? Weiter.

 
Die siebte Wanderstunde brach an. Meine blöde Johannisbeerschorle war alle, der linke große Zeh machte sich schmerzlich bemerkbar, die Sonne würde bald untergehen und noch immer führte der Weg bergauf. Ächz. Hier begannen wir also allen Ernstes, zu joggen. Ich rollte den Zeh im Schuh zusammen, hüpfte meinem Franzosen hinterher durchs bunte Laub und schwankte mittlerweile zwischen hysterischem Lachen, stummer Meditation und dem Gedanken, dass eine Nacht im Wald eigentlich gar nicht so übel sein könnte. Wir hatten ja noch zwei hartgekochte Eier und... Ja, das würde dann schon reichen. Die Gespräche verstummten, wir waren einfach zu erschöpft.


An einer Wegkreuzung tauchte eine Familie neben uns auf. Die sprang ich in meiner Verzweiflung fast an. Den aller-aller-kürzesten Weg zur nächsten S-Bahn-Haltestelle wollte ich bitte haben. Der Vater versuchte noch kurz, uns dazu zu überreden, den Berg weiter zu erklimmen (wir waren immer noch nicht oben?!), das würde nur noch 45 Minuten dauern. Joh, und dann nochmal genauso lang wieder runter und zur Haltestelle. Die Frau verstand, dass das einfach nicht mehr ging und schickte uns mit einer groben Richtungsangabe steil bergab mitten durch den Wald. Unsere Oberschenkel waren aus Gummi, die Blätter stoben nach allen Seiten, die letzten grellorangefarbenen Sonnenstrahlen blitzten zwischen den Baumstämmen hindurch und wir schalteten den Kopf aus und liefen und liefen und liefen. Derweil lief auch mein Zeh - und zwar unbemerkt blau an.

Im Wartehäuschen am Bahnsteig kicherten wir wie die Blöden. Jaaaa! Wir waren Superman und Superwoman! Im Zug dann nicht mehr. Die Oberschenkel brannten, der Kopf war heiß, der ganze Körper so erschöpft wie sonst nie. Alle Systeme wurden runtergefahren. Aber wir hatten es geschafft! Ihr könnt euch denken, wie unser Sonntag aussah. Wie Omma und Oppa schlichen wir durch die Wohnung, ich hielt ein Nickerchen von geschlagenen drei Stunden, wir hatten den ganzen Tag über ständig Hunger und Durst und ich war dermaßen sensibel, dass mir bei einer Musiksendung am Abend andauernd die Tränen kamen, weil "die ja alle so schön singen" konnten und ich sowieso die ganze Welt unglaublich lieb hatte. Oh weh. Traut keiner Wanderseite, die euch erzählen will, dass der Rundweg nur vier Stunden dauert, oder ihr endet am Folgetag heulend auf der Couch und versucht, die unterschiedlichen Blautöne eures großen Zehs einzustufen.

Was gelernt?
 Der pisseligste Ausflug kann sich zur Extremsituation auswachsen.
Und: irgendwie war's geil.