Donnerstag, 22. Januar 2015

Finding Vivian Maier.
Dokumentationsliebe.

Liebe Schnitzelfreunde,
letztens war mal wieder Kino. Großes Kino. Richtig groß sogar. Kennt ihr das: ihr geht in einen Film, weil ihr denkt, der könnte vielleicht ganz okay sein und, ach ja, Kino ist halt ab und zu einfach eine schöne Sache, warum denn nicht. Mal eine Abwechslung zum Heimkinoabend mit Netflix, Couch und Vollkornstulle. Und dann! Dann haut euch der Film, der da vorne über die Leinwand flackert echt ein bisschen vom Hocker?! Vor Begeisterung. Und er zeigt euch, dass er definitiv mehr ist als nur "ganz okay"? Und ihr lacht mittendrin laut auf, und ihr freut euch, weil es die Leute in der Reihe vor und hinter euch auch tun? Und ihr wollt noch mehr sehen und vor allem wollt ihr nicht, dass dieser Film irgendwann dann einfach auch mal ein Ende findet. So ging es mir mit dieser schicken Dokumentation. Denn Dokus sind anscheinend wirklich meine große Liebe.




"Finding Vivian Maier"

Die Geschichte um John Maloofs zufällige Ersteigerung einer Kiste mit Fotonegativen entwickelte sich schnell zum modernen Märchen vom Schatzfund. Viel wesentlicher ist jedoch, dass die unbekannte Vivian Meyer fotografierende Flaneurin war, die im Chicago der 1950er-Jahre begann, Alltagsmomente zu porträtieren, ihre Aufnahmen aber nie veröffentlichte. Mal sind es Menschen und Situationen, die sie mit ihrer Mittelformatkamera Rolleiflex einfängt, ein andermal sind es Begegnungen, die erst durch den Blick Mayers und die fotografische Aufnahme zu solchen werden. Das Werk lässt auf eine feinfühlige und zurückhaltende Chronistin schließen, die die amerikanischen Lebenswelten über vier Jahrzehnte festhielt.


Das ist der Text aus dem Programmheftchen der 'Pupille' - dem Unikino, in dem wir auf kippeligen Stühlen (aber mit super Sitzkissen!) saßen und zum Preis von nur 2,50€ Zeugen der Suche nach Frau Maier wurden. Ich finde, der Text wird der Doku nicht so wirklich gerecht, weil sie noch hundertmal toller ist als hier suggeriert wird, aber was willste machen. Ist denn noch jemandem aufgefallen, dass Vivians Nachnahme hier jedes verdammte Mal anders geschrieben wurde? 


Ich kann schon verraten, dass das mit Absicht geschehen ist und definitiv kein Versehen darstellt. Vivian Maier hatte gelinde gesagt leicht einen an der Waffel. Und so stellte sie sich fast jedem Menschen anders vor, erfand immer wieder neue Spleens und Regeln. Hieß mal Viv, mal Miss Meyers, mal Vivian oder auch Mrs. V. Smith. Die Menschen sollten ihr nicht zu nahe kommen. 


Gleichzeitig, und das werdet ihr den Bildern eventuell auch entnehmen können, versuchte sie selbst aber sehr wohl, den Menschen so nahe zu kommen wie es nur ging. Zwar immer mit der Kamera vor dem Bauch - als kleine Sicherheitsbarriere - aber die meisten ihrer Bilder sprechen von einer derartigen Intimität und Liebe zu den Menschen aller sozialen Schichten und Couleur, dass ich echt ein bisschen gerührt bin und sehr gut verstehen kann, wie dieser regelrechte Hype um das fotografierende Kindermädchen (!) entstanden ist, das scheinbar all diese fast schmerzhaft genialen Bilder nur schoss, um sie dann in Kisten zu horten, wegzupacken oder erst gar nicht entwickeln zu lassen... 

Ein kleiner Trick, um zu erkennen, wie gut die Bilder sind: Kamera schnappen, auf die Straße gehen und versuchen, ähnliche Bilder zu schießen. Die meisten von euch werden merken: Das ist wahnsinnig schwierig. Wie kommt man so nah an fremde Menschen heran und lichtet sie so ungestellt und natürlich ab? Was für eine Gabe! Ich geh am Stock.



Ihr merkt schon, ich bin immer noch etwas baff. Guckt euch den Film an, wenn ihr die Möglichkeit dazu habt. Den Trailer findet ihr hier. Und erschreckt nicht - Frau Maier hatte auch dunkle Seiten.


Was gelernt?
Jeder Mensch hat ein Geheimnis. 
Manche davon sind verdammt großartig.
Und: Man sollte mal wieder auf eine Auktion gehen, um sich überraschen zu lassen...


(Bilder von www.vivianmaier.com)

4 Kommentare:

  1. Den Film muss ich unbedingt auch noch sehen! Ich bin so begeistert von den Bildern... wirklich großes Kino!!

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    1. Ich glaube, der wird dir gefallen. Es werden so viele Fotos gezeigt, das ist echt ein Fest für die Augen. Viel Spaß dabei, wenn es soweit ist!

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  2. Ich fand den Film auch großartig und hab mich gerade nochmal in die Begeisterung zurückversetzen können, die ich nach dem Film empfunden habe. Vivians Werk ist wirklich ganz groß!

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    1. Auch ein bisschen lustig, dass wir über den Film reden, aber eigentlich hauptsächlich total auf die Bilder abfahren. :) Und toll, dass du auch so begeistert warst und wieder bist!

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