Montag, 27. Oktober 2014

Halloween - schöner verwesen beim
Zombie Walk Frankfurt, Teil I

Liebe Schnitzelfreunde,
Halloween steht vor der Tür. Oder kratzt mit langen, blutig verkrusteten Fingernägeln übers Küchenfenster, um euch zu holen. Wie ihr wollt. Dieses amerikanische Gruselfest interessiert mich eigentlich nicht die Bohne. Zumindest war das bis vor Kurzem noch so. Aber die Sachlage hat sich entscheidend geändert, seit ich weiß, dass in Frankfurt alljährlich im Spätsommer oder Herbst der Zombie Walk stattfindet! Eine Horde verwesender Mitbürger stolpert blutüberströmt, apathisch und dennoch sehr, sehr hungrig durch die Innenstadt, vorbei an überraschten, ratlosen, staunenden und vor allem appetitlich lebendigen Passanten. Am 30. August waren wir selbst zum ersten Mal dabei und schlurften untot sowie reichlich demoliert dem Sonnenuntergang entgegen. Romantischer geht es ja wohl kaum noch. So ein Zombie Walk ist hervorragend sinnbefreit, und so möchte ich ihn ausnahmslos jedem ans Herz legen, der ein bisschen Spass inne Backen und Lust auf vergnügte Zombiefreunde hat. Ihr müsst zum Glück auch gar nicht bis zur Bankenmetropole pilgern, um mitzumachen. (Wer weiß, wo ihr alle wohnt...) Zombie Walks finden unter anderem in Berlin, Dortmund, Hamburg, München oder Hannover statt. Vorgestern gingen die wohl letzten Paraden dieses Jahres in Berlin und Stuttgart über die Bühne.


Mein Franzose und ich beschlossen halsbrecherische drei Stunden im Voraus, dass der diesjährige Walk unser Debüt darstellen sollte, nahmen die Beine in die Hand und hetzten durch sämtliche Handarbeits- und Dekorationsabteilungen aller großen Kaufhäuser. Anscheinend war es aber noch zu früh, um richtige Halloween-Schminke abgreifen zu können, und Karneval stand ja nun auch noch lange nicht auf dem Plan. Der idee-Kreativmarkt rettete uns den Abend und versorgte Mann und Weib mit Zombie-Schminksets. Alles würde gut blutig werden.


Zu Hause kloppten wir uns beinahe um den Platz vorm Spiegel, weil uns der Ehrgeiz gepackt hatte. Wir beratschlagten unsere Todesursachen, tupften einander eifrig Kunstblut ins Gesicht und humpelten zu Musik in ohrenbetäubender Lautstärke probeweise durchs Wohnzimmer. Auf jedem Zombie Walk herrschen ein paar Regeln, die es zu beachten gilt. Das Humpeln, Schlurfen oder gerne auch Ächzen und Stöhnen gehört unbedingt dazu. Und: "Man darf beim Zombiewalk so ziemlich alles sein, nur nicht schön. Wer gestorben ist, der verwest." Das leuchtete ein.


Für uns ging es mit dem Rad in Richtung Bahnhof. Nach 200m hatte ich vergessen, dass ich aussah, als wäre ich dreimal vom Laster überfahren worden und wunderte mich, als dem Dönermann am Eck bei unserem Anblick beinahe Säbel und Brottasche aus der Hand fielen und der Mund weit offen stand. Dabei war nur fünf Minuten zuvor ein Nachbar im Treppenhaus mit einem besorgten "Um Gottes Willen, was ist denn passiert?!" auf uns zugestürzt. Ich bin ein Goldfisch.


Schon an der Ampel grüßten andere Zombies freundlich, indem sie uns mit ausdruckslosem Blick anstarrten, ihre Arme mit den kraftlos abgewinkelten Handgelenken nach uns ausstreckten und uns kurz darauf ein breites Lächeln schenkten. Seltsam, wie schnell man einfach dazugehört, nur weil man selbst besudelt und zerzaust aussieht. Wenn das doch auch im echten Leben funktionieren würde. Überhaupt hatte ich das Gefühl, von unglaublich höflichen, fröhlichen Menschen umgeben zu sein. Jeder, den ich um ein Foto bat, posierte sofort ohne mit der Wimper zu zucken und war sehr, sehr geduldig. Man geizte nicht mit Komplimenten, beglückwünschte einander zum gelungenen Kostüm und fragte nach dem werten Befinden in diesen schweren Zeiten. Da stimmte das Motto schon: Be zombie, be polite. Es gab wahnsinnig viel zu gucken bei der Menge an fantasievollen Kostümen. Ich konnte kaum fassen, wie talentiert diese Leute alle waren! Wir befanden uns quasi auf einem Betriebsausflug der Maskenbildner-Profi-Akademie. Neben all den tollen Zombies wirkte unsere Aufmachung allerdings fast spartanisch und unambitioniert. Ein bisschen so, als wären wir mit einer lächerlichen Schnittwunde am kleinen Finger in die Notaufnahme eingefallen und müssten uns jetzt gaaaanz weit hinten anstellen. Hinter dem Bauarbeiter mit der verwesenden Gesichtshälfte und der hochschwangeren jungen Magd, die mit Mühe die Geburt des vierten Kindes mitten durch die Bauchdecke zu verhindern versucht. Fürs kommende Jahr steht fest: mehr Blut! Überall! Da ist noch ganz viel Luft nach oben. Ich freu mich jetzt schon und schmiede tiefrotgrausige Pläne! Den zweiten Teil des Zombie Walks gibt es im Laufe der Woche. Bis dahin: halbtot rumhängen, im dunklen Wald verstecken und heimlich am faulenden Unterschenkel des Nebenmannes knabbern.

Was gelernt?
 Da ist sie also, meine morbide Seite. Herzlich willkommen!

2 Kommentare:

  1. Ich habe festgestellt: Ich finds voll super hier. Ich bleibe ;)!

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    1. Das ist total großartig, denn ich hab mich bei dir auch schon vor längerer Zeit häuslich eingerichtet! Setz dich, nimm dir 'nen Keks.

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